Vom Tiber an die Elbe – Teil 1

Wir haben lange nichts von uns hören bzw. lesen lassen, aber von kreativer Pause, Schreibhemmung oder -blockade keine Spur, allein es fehlte „Zeit“ zum Schreiben eines neuen Beitrags. Nach 10 Tagen heben wir den Anker aus dem Sandgrund in der Bucht von Gaeta und starten mit Sonnenaufgang um ca. 50 sm bis Anzio zu segeln. Das Wetter ist zurzeit mittelmeermäßig wechselhaft: der Phase mit zuviel Wind folgt kein oder wenig Wind oft aber mit alter Dünung, Gewitter sind immer möglich. So erwarten wir für die anstehende Etappe keine Regattabedingungen und müssen die ersten Meilen motoren. Doch Rasmus hat ein Einsehen, dreht die Winddüse ein bisschen auf und wir sind happy, die meiste Zeit doch noch segeln zu können. Wir streben die Ankerbucht vor Anzio an, da ein Liegeplatz in Nettuno erst übermorgen frei wird. Blöd, dass die aktuelle Wetterprognose ausgerechnet für diese Nacht eklige Wellen ankündigt, die genau in die Bucht stehen. Zum Glück ergattern wir noch zwei Plätze am Stadtkai in Anzio.

Der Tag endet mit einem Rundgang durch den bei italienischen Touristen beliebten Fischerort, größer und hübscher als erwartet. Draußen in der Bucht tanzen derweil die Ankerlieger in den Wellen – alles richtig gemacht. Am nächsten Tag verlegen wir uns nach Nettuno, der Hafen ist rappelvoll – Hochsaison. Hier werden die Gästeplätze von drei Agenturen verwaltet, die Abstimmung mit den Hafenmarineros ist katastrophal, 3 mal gibt’s eine neue Richtungsanweisung, was jeweils Rückwärtsfahren oder Drehung auf engstem Raum erfordert, doch schließlich liegen wir in der ruhigsten Ecke im Hafen zwischen zwei dicken Motoryachten. Nettuno ist eine hübsche Kleinstadt, diesmal erleben wir sie voll mit Urlaubern. Lange Warteschlangen vor Restaurants sind für uns ein ungewohntes Bild, noch ist temperaturmäßig Hochsommer und weit bis nach Mitternacht quellen die Menschen über die Promenaden. Hier vertrödeln wir die letzten Augusttage und machen uns auf die letzte Etappe nach Lido di Ostia. Noch einmal gibt’s tollen Segelwind bis zum Ankerfall an der Tibermündung – eine letzte Nacht am Haken schwojen.

Aus einem 14-tägigen Riverboataufenthalt im Tiber wird nix, alle Plätze belegt und genauso teuer wie in der Marina. Wir waren seit 3 Monaten im Unterwegs-Modus, nun mit dem Vertäuen des Bootes im Porto Turistico di Roma in Ostia geht die alljährliche Räumerei wieder los, um aus einer Segelyacht wieder ein schwimmendes Zuhause zu machen. Es braucht reichlich Süßwasser um Ätnaasche, Waldbrandspuren, Saharastaub und Salzkruste wegzuspülen. Da Columbia und Unisax einen Liegeplatz am gleichen Steg wie vor zwei Jahren bekommen haben, werden wir von unseren ehemaligen Stegnachbarn, allesamt Italiener sofort wiedererkannt und freundlich begrüßt. Mancher will wissen wie unsere Reise verlaufen ist, wo wart ihr, wo wollt ihr denn nun hin? Wir fühlen uns sofort wieder zu Hause, so als wenn wir nur kurz mal weg gewesen wären. Der Skipper gönnt dem Motor etwas Pflege, wechselt das Öl und alle Filter und findet in der Bilge unter dem Motor eine Wasserpfütze.

Seewasserpumpe

Da dort kein Wasser sein darf, ist nach kurzer Suche der Übeltäter gefunden, mal wieder ist die Seewasserpumpe (die saugt Seewasser an und pumpt dieses zur Kühlung durch den Motor) inkontinent. Irgendeine interne Dichtung lässt Wasser durch, Reparatur unmöglich, die Pumpe muss getauscht werden. In schöner Regelmäßigkeit, nämlich alle 2 Jahre ist sie hinüber, bei neueren Motoren hat man inzwischen ein zuverlässigeres Modell eingebaut. Hilft uns jetzt wenig. Natürlich hat der Skipper kaum Platz zum Arbeiten und selbst wenn er drei Hände hätte, fehlen immer noch ein paar Finger, um im Halbdunkel die alte Pumpe unter dem Motor aus und die neue Pumpe, die wir Ersatzteil immer dabei haben, einzubauen. Die Knie tun ihm weh, Rücken hat er anschließend auch, ist aber auch stolz wie Oskar, als das Werk vollbracht ist und die neuen Dichtungen in der Pumpe tun, was sie sollen, nämlich dichten. Unsere Fahrräder kommen nach einem Jahr Pause wieder an die Sonne, kleinere Reparaturen werden in der Fachwerkstatt in Ostia in Auftrag gegeben. Netter und kompetenter Service ohne Wartezeit.

Natürlich nehmen wir uns zwischendrin immer wieder frei, stromern in Rom herum und schauen nach, was sich so verändert hat.

Schlendern am Tiber in Rom

Der Herbst hat zumindest auf den Märkten schon Einzug gehalten, Steinpilze aus Kalabrien und Kürbisse sind in den Auslagen drapiert. Ab der letzten Septemberwoche haben wir zusammen mit Ewa und Anders wieder ein Womo bei McRent gemietet, um unsere Lieben daheim zu besuchen.

Wir waren seit über einem Jahr nicht in Deutschland!! Daher freuen wir uns sehr, alle wieder zu sehen, es gibt so viel zu erzählen. Die Skipperin nimmt sich die „Kleiderschränke“ vor und sucht nach warmer Oberbekleidung, soll doch die Temperatur im hohen Norden von hier tags angenehmen 25°C auf unter kritische 10°C nächtens zurückgehen. Sie fordert vorsorglich eine Heizungsüberprüfung und findet ganz hinten in der Achterkoje/Archiv (der bekriechbare Kleiderschrank) u.a. lange Hosen und Socken, wann haben wir so etwas eigentlich zuletzt getragen? Für die Landpartie haben wir ein Fahrzeugmodell mit zwei Doppelbetten, eines davon ein sogenanntes Hubbett, gemietet. Das neue, lediglich 3 Monate alte Womo zeigt bei der Übernahme an der Vermietstation überraschenderweise schon so einige Kampfspuren. Wenig talentierte Vormieter sind rückwärts gefahren, aber irgendwie hat das mehrfach nicht so richtig geklappt. Einer hat beim Rangieren ein Ausstellfenster offen gelassen, der nächste Baum konnte nicht mehr ausweichen und hat es dann abgerissen, schon fast ein Totalschaden am Aufbau. Da die Zeit für eine Werkstattreparatur nicht reichte, sind wir eben mit viel Klebeband losgefahren, ansonsten gibt es während der 3 wöchigen Reise zum Glück keinerlei Probleme mit dem Fahrzeug. Ewa und Anders haben uns nur auf dem Hinweg begleitet. Von Münster aus sind sie nach Schweden weiter und werden irgendwann vermutlich mit dem Flieger wieder nach Ostia zurückkommen. Wir werden derweil ein wachsames Auge auf ihr Boot haben. Diesmal sind wir auf der Hinfahrt durch Österreich bei herrlichem Wetter und haben u.a. Rast auf einem Campingplatz in Bad Feilnbach gemacht. Die Skipperin findet im Internet ein uriges Gasthaus 3 km entfernt, welches mit original bayerischer Küche wirbt.

Krustenbraten, Soße satt, Klöße groß wie Handbälle und Hefeweizen frisch vom Fass, eine echte 5000 Kaloriendiät. Am nächsten Tag sind wir fast ohne Frühstück gestartet. Noch ein Stopp in Rothenburg o.d.T. und unsere schwedischen Freunde sind spätestens jetzt glühende Bayernfans.

Frühere Dorfschmiede

Schließlich der Höhepunkt unserer Reise – das Wiedersehen mit unserer Familie und den beiden Enkeln, wir können kaum ausdrücken, wie wir uns nach einem langen Jahr gefühlt haben, das kann keine Skype-Konferenz ersetzen. Gemütliche Abendessen, viele intensive Gespräche und tolle Situationen, wie auch unsere Mütter (87 und 91) in guter Verfassung in die Arme schließen – wir haben jede Sekunde genossen. Der nächste Besuch zu Weihnachten ist schon fest geplant.

Angekommen!

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