Wir laufen Arbatax an, das etwa in der Mitte der sardischen Ostküste liegt und gehen nach einigen Tagen Aufenthalt in der Marina in der ruhigen Bucht vor dem Hafen vor Anker.
Die Berglandschaft im Hintergrund ist beeindruckend. Tagsüber gesellen sich hin und wieder auch andere Boote zu uns, dann wieder liegen wir total allein in blaugrünem Wasser und lassen die Seele baumeln. Das Strandleben ist beschaulich und auch Arbatax scheint irgendwie im Dornröschenschlaf zu dösen. Mit dem Dinghi ist die Versorgung mit Lebensmitteln kein Problem. In der Gelateria werden wir zu Stammkunden, der Einkauf oder Restaurantbesuch endet irgendwie immer dort. Fasziniert entdecken wir den kleinen Bahnhof mit der historischen „Spielzeug“ Eisenbahn, er ist außer Betrieb und wartet anscheinend auch auf den Prinzen, der ihn wach küsst.
Die Unisax hat in der Marina noch Werfttermine, um ihre Windmessanlage zu reparieren, die vermutlich in dem schweren Sturm im Hafen von Cala Gonone beschädigt wurde. Tagsüber brennt die Sonne vom wolkenlosen Himmel, doch nachts kühlt es sich auf angenehme 25°C ab, so dass wir gut schlafen können. In der „kühlen Luft“ entwickeln sich erste Nebelbänke, die die Küstenlandschaft verzaubern.
Wolken ziehen auf, Gewitter liegt in der Luft. Der Sommer geht in die Schlussrunde und wir müssen uns entscheiden, wie wir die Reise fortsetzen wollen.
Unser Favorit ist ein Kurs entlang der Küste wieder hoch nach Norden, um dann über die Inseln wie Elba und Giglio zum Festland überzusetzen.
Die nächste Mistral-Situation mit Stark-Wind und hohem Wellengang kündigt sich für das kommende Wochenende an. Aus dem täglichen Update schließen wir, dass eine ruhige Phase für eine entspannte Überfahrt aufs Festland erst wieder in 14 Tagen eintreten wird. Jetzt ist alles ruhig, ideale Segelbedingungen für den direkten Kurs Arbatax – Rom, eher zu wenig als zu viel Wind. Für die Crew der Unisax ist die anstehende Lang-Etappe eine ungewohnte Herausforderung, so dass wir gemeinsam den idealen Zeitpunkt zum Ablegen planen. Am Sonntagvormittag sind wir uns schnell einig, „das ist unser Wind“ und ohne Zwischenstopp und Inselhopping entscheiden wir uns für den Direktkurs. Nach einer gründlichen Vorbereitung gehen wir um 14.00 Uhr Anker auf. 160 Seemeilen liegen vor uns, für die wir letztlich 30 Stunden benötigten.
Die Fahrt bietet alles, was wir so am Segeln lieben. Leichte, später kräftige Winde mit Windpausen zwischendurch, in denen wir motoren müssen. Die Nachtfahrt ist ruhig, der fast volle Mond strahlt. Unisax und Columbia gleiten Seite an Seite dem Ziel entgegen. Ringsum keine anderen Schiffe, erst in der Morgendämmerung kreuzen zwei Motorboote, ein Fischer und eine Fähre weit entfernt am Horizont unsere Kurslinie. Hochsaison soll das sein – mmh – merkwürdig. Wir können direkten Kurs auf Ostia anlegen, der Hafen, in dem wir auch überwintern wollen. Nach einer langen Phase unter Maschine nimmt der Wind 2 Stunden vorm Ziel kräftig zu und erheblicher Wellengang baut sich auf. Kurz vor der Ankunft stellt sich Frage „bietet der anvisierte Ankerplatz nördlich des Hafens bei Fiumicino ausreichend Schutz“?
Wir umrunden den Kopf des Wellenbrechers und schauen in eine weite Bucht mit glattem Wasser, hier sollte ein großer neuer Yachthafen entstehen, jedoch war nach dem Bau des Bollwerks das Geld zu Ende. Ob das hier noch mal was wird, wissen wir nicht. Während draußen die Wellen toben und die Gischt über die Barriere spritzt, fallen wir nach dem Anlegeschluck in einen komatösen Schlaf und brauchen 2 Tage um unsere Schlafbilanz auszugleichen. Am zweiten Abend treffen wir uns mit der Crew der Unisax zum gemeinsamen Abendessen. Sie sind schon im Aufbruch als der Wind plötzlich auf 30 kn aufbrist – jetzt zurück rudern ist unmöglich.
Da schwenkt ein Rettungskreuzer in die Bucht ein, mit Blaulicht und Suchscheinwerfern fährt er nahe am Strand auf und ab. Während wir noch spekulieren, welchen Auftrag er wohl hat, hält er direkt auf uns zu. Man ruft uns zu, dass man dringend das Schlauchboot der Unisax für ein Rettungsmanöver brauche. Kaum war das Boot übergeben, fuhren die Rettungskräfte mit hoher Geschwindigkeit wieder weg. Als wir gerade überlegen, wie wir die Crew der Unisax über Nacht beherbergen können, kommt der Rettungskreuzer samt Beiboot zurück, man bedankt sich höflich und legt als kleines Dankeschön bei der Übergabe ein Festmacherseil ins Beiboot. Zu guter Letzt haben die Seenotretter Ewa und Anders noch den Heimweg ausgeleuchtet. Nette Menschen, Rom das wird spannend!