Kurs Nord

Mit der Ankunft in Licata geht unsere Segelzeit von der mobilen in die stationäre Phase über. Das heißt, wir werden sesshaft. Das beginnt mit der Verlegung von Columbia und Unisax vom Steg für „Reisende“ an den Winterplatz.

Bis zum 1. Oktober werden alle Schiffe an ihren jeweiligen Überwinterungsplatz verlegt. Bei den Vorplanungen der Marina-Verwaltung waren unsere neuen Plätze ganz am Ende des Mittelstegs, also bei Sturm in der „Pool Position“ und elendig weit zum Duschgebäude vorgesehen. Begeisterung ist also nicht aufgekommen, naja erst mal abwarten. Nach 10 Tagen klopft abends unerwartet die Marina-Crew bei uns an, wir können morgen früh unsere Schiffe verlegen – doch an andere Stelle als geplant- eine Nacht Bedenkzeit! Dann die große Überraschung – wir  verlegen an die wie wir meinen sichersten Liegeplätze in der Marina. Schon 2 Tage später der Test mit 38 kn Südwind – Columbia und Unisax bewegen sich kaum. Wir sind happy und können ohne Sorge, unser schwimmendes Zuhause verlassen.

Mit dem Wohnmobil von McRent machen wir uns auf in den Norden. Wir haben Sehnsucht nach der Familie – also nehmen wir mehr als 2400 km in Angriff – um den Ätna herum, mit der Fähre über die Straße von Messina, einmal den Stiefel rauf, quer durch die Schweiz und schließlich ein paar hundert Kilometer und gefühlt ebenso vielen Baustellen auf deutschem Asphalt. Unsere Freunde Ewa und Anders fahren mit uns. Sie überlegen von Deutschland aus nach Schweden weiter zu reisen. Nach deren Rückkehr aus Schweden würden wir dann gemeinsam die Rückreise antreten. Soweit der Plan. Das Abenteuer beginnt schon mit dem Abholen des Wohnmobils, denn dafür müssen wir einmal quer über die ganze Insel. Ganze 2 Fahrzeugmodelle hat die McRent-Niederlassung in Sizilien im Angebot. Wir nehmen das Alkovenmodell, einen sogenannten Nasenbären mit 4 vollwertigen Betten, dafür jedoch mit einem cw-Wert wie ein Scheunentor. Sei es drum. Wir planen unsere Reise in mehreren Etappen, die nicht länger als 400 maximal 500 km pro Tag sein sollen, so daß Zeit für Entdeckungen bleibt. Das Wohnmobil macht bei der Übergabe einen guten Eindruck und ist zuvor Corona bedingt nur wenig gefahren worden, wobei bei McRent kein Fahrzeug älter als 2 Jahre ist. Man ist zudem mit Vollkasko und Schutzbrief sorgenfrei unterwegs. Probleme mit dem Fahrzeug gibt es nicht, bis auf einen Wassereinbruch nach einem Unwetterschauer, als plötzlich Wasser aus einem Hängeschrank läuft.

Auf einem Boot ist so ein Ereignis gefährlich, bei einem Auto eher selten aber dafür lästig. Unser Womo ist ganz lobenswert mit einer Solaranlage ausgerüstet. Ein unbekannter Künstler des Handwerks hat zwecks Kabeldurchführung mutig ein Loch durch das Dach gebohrt und dann das Stromkabel durchgezogen und schon war nach dem Anschluss alles fertig, dachte er wohl. Das ist ja auch kein Problem in Sizilien, wo es nur selten regnet. Ein kleiner Stopp am nächsten Baumarkt mit einer geliehenen Leiter und das Problem ist behoben. Nun zum Start, die McRent Niederlassung ist in Randazzo, einem Bergdorf nördlich vom Ätna, 190 km von unserer Marina entfernt. Also mieten wir einen PKW und fahren auf direktem Weg dorthin. Wir kennen Sizilien bisher nur von der Seeseite her und fühlten uns oft an die Alpen erinnert.

Bei der Fahrt nach Randazzo haben wir erstmals Kontakt mit dem Landesinneren. Die Panoramen sind einfach beeindruckend und landwirtschaftlich geprägt, hier leben nur wenige Menschen. Wenn man deutsche Straßen gewohnt ist, muss man sich hier stramm umstellen. Uns gibt zu denken, dass Google Map 3 Stunden Fahrzeit für einen Weg veranschlagt und das ist, wie wir es später erleben sehr optimistisch gerechnet. Wir sind hier in Sizilien und da ist nix wie gewohnt. Sobald du die Autobahn verlässt, befindest du dich in der Pampa. Aber auch die mautpflichtige Autobahnfahrt bietet die eine oder andere spannende Überraschung. Sie führt teils durch das Gebirge neben dem schmalen Küstenstreifen, dementsprechend reiht sich ein Tunnel an den anderen. Für Straßentunnel gelten eigentlich europäische Normen und Regeln. Sie müssen hell ausgeleuchtet sein, benötigen ein Lichtleitsystem, eine Belüftung, Notausgänge, Rettungsmittel, Nothaltebuchten und so weiter. Diese Regeln sind hier aber wohl nicht oder nur rudimentär bekannt. Straßentunnel auf Sizilien sind lediglich dunkle, geteerte Löcher im Berg, wir fragen uns, wofür wir die Maut bezahlen. Man fühlt sich wie in einer Zechenzufahrt, Sicherheit geht anders.

Als wir dann die Autobahn verlassen, mutiert unser Fiat Bravo zum Jeep und wir sind unerwartet auf Expeditionskurs durch die Wüste. Schlaglöcher so tief, dass jeder Smart darin verschwinden könnte, sorgen für Abwechslung, teilweise ist die Straße noch vom Schlamm des letzten Unwetters bedeckt. Der Skipper fühlt sich wie auf der Rallye Paris – Dakar (und unsere Büchse hat schon 200000 auf dem Tacho.) Sind wir vielleicht falsch abgebogen? Stellenweise halten wir vier die Luft an, wenn es neben der Straße ohne Vorwarnung und ohne den Schutz einer luxuriösen Leitplanke steil nach unten geht. Hoffentlich kommt uns keiner entgegen. Dabei ist die Landschaft um uns herum spektakulär.

Nach einer gefühlten Ewigkeit biegen wir ab auf die Strada Nationale, da ist zumindest Gegenverkehr möglich. Es ist selbstredend, dass wir auf der Rückfahrt mit dem Womo die Autobahnstrecke über Catania wählen. Das kleine McRent-Büro ist Teil des lokalen Autohändlers. Die Übergabe in italienischer Sprache ist dank Pons-online Übersetzer professionell.

Nun geht’s zurück zur Marina – alles einpacken. Am nächsten Tag nehmen wir zum ersten Mal als 4er Crew das Womo in Beschlag, je ein Paar fährt, während das andere Pause macht – gemütlich am Tisch sitzen – Kaffee in Vorhalte und die Landschaft vorbeiziehen lassen. Highlight  des ersten Tages ist die Überquerung der Straße von Messina, das Ticket ist online gebucht. Die Zufahrt zum Hafen ist natürlich echt italienisch und führt mitten durch Messina, als ob der normale Verkehr nicht schon genug wäre, fährt zu allem Überfluss auch noch eine Straßenbahn herum.

Schließlich und endlich landen wir auf der richtigen Zufahrt und kaum haben wir das Ticket vorgezeigt, legt die Fähre auch schon ab. Als Segler interessieren uns besonders der Schiffsverkehr und die Strömungsverhältnisse auf der berüchtigten Straße von Messina. Nach kurzem Durchpusten auf dem Oberdeck und „langen“ 6,5 km ist der Spaß jedoch schnell vorbei. Jetzt sind wir gespannt, was uns auf dem Festland erwartet.

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