Hochsaison in Süditalien

Agropoli haben wir aus dem letzten Jahr in guter Erinnerung, ein gepflegter Ort mit Fußgängerzone und hübschem Altstadthügel. Der gut geschützte Ankerplatz innerhalb des Hafengeländes macht das Städtchen dieses Mal für uns besonders interessant, denn einen freien Platz in einer der drei Marinas zu bekommen, ist illusorisch. Ewa, Anders und wir haben Glück und finden ein freies Fleckchen.

Der Anker wird ordentlich eingefahren, bei 2,50 m Wassertiefe wird nur wenig Kette gesteckt. Bei einem engen Ankerfeld sollten alle Schiffe etwa die gleiche Kettenlänge draußen haben, sonst kommt man sich beim Schwojen zu nah. Es ist erst früher Nachmittag und wir können in Ruhe die Bewegungen unseres Bootes und der Nachbarschiffe beobachten. Viele kleine Ausflugsboote tummeln sich um uns herum. Alles gut, der Ankeralarm ist eingestellt und wir entspannen uns. Die Boote bewegen sich synchron, je nach Windrichtung. Sobald es windstill ist, wird es interessant, da die Schiffe in unterschiedlichen Richtungen um die Kette trudeln. Am Abend kommt Wind auf, recht kräftig aus entgegengesetzter Richtung als bisher und plötzlich entsteht eine unerwartete Dynamik. Ein unbemanntes Ausflugsboot driftet an Backbord vorbei und mehrere andere treiben durchs Ankerfeld. Anders ruft an und berichtet, dass er die Marinas informiert hat, dass ihre Ausflugskähne gefährlich unterwegs sind. Unvermittelt haben wir die Nachbaryacht von der Backbordseite nun wenige Meter hinter uns, wer geht hier auf Drift? Unser Ankeralarm randaliert – also wir!? Schnelles Handeln ist gefragt, wir gehen Anker auf, durch die Winddrehung hat sich unser Haken wohl aus dem Grund gearbeitet. Inzwischen sind die Marineros eingetroffen und sammeln die treiben Kleinboote ein. Jetzt ist viel Platz und wir finden eine gute Stelle um neu zu ankern. Die Böe hat sich inzwischen verabschiedet und Ruhe kehrt ein. Auch andere Yachten befinden sich nicht mehr an ihrem alten Platz, die Crews sind auf Landgang und müssen nach ihrer Rückkehr umankern – keiner ist zu Schaden gekommen. In den nächsten Tagen liegt Columbia wie angenagelt. Noch immer ist es hölleheiß und wir sind froh, zum Abkühlen mal eben ins Wasser springen zu können.

Wie mögen sich dann erst 48,5° auf Sizilien anfühlen, der neue Europarekord. Abends laufen die Yachten ein, die tagsüber draußen in den Buchten mehr oder weniger übereinander geankert haben, die Crews stürmen die Restaurants, an Bord wird nicht gekocht.

Angesichts der Touristenmassen zur See lassen wir bei der Planung der Weiterreise die Hotspots an der Amalfiküste aus, reservieren ganz im Westen der markanten Halbinsel einen Tisch im Restaurant „Conca del Sogno“, sie bieten für Gästeboote kostenloses Liegen an der Boje an. Auf dieser Etappe sichten wir zum ersten Mal, seit wir unterwegs sind, die Atemfontänen eines Wals, auch Blas genannt, und sehen bald darauf einen langen grauen Rücken. Für eine genaue Identifizierung ist das Tier leider zu weit weg. Kurze Zeit später kollidieren wir beinahe mit einer großen Meeresschildkröte, fürs Foto treibt sie zu schnell vorbei. Also muss man auch beim Motoren unter Autopilot immer gut Ausschau halten, schade dass die Begegnungen mit den Meeresbewohner so selten sind. Die Künste versteckt sich heute im Dunst, sofort ist das Meer nur noch grau. Wir freuen uns nach einem langen Segel-/Motortag keinen Ankerplatz suchen zu müssen. Doch die Freude bleibt nicht ungetrübt, bei unserer Ankunft sind reichlich Motorboote viel zu schnell unterwegs und verwandeln die hübsche Bucht in einen Whirlpool, dazu noch heftige Fallböen von den Bergen, Columbia tanzt.

Erst zur Dämmerung kehrt Ruhe ein. Zum Ausgleich ist das Abendessen im Restaurant ausgezeichnet, der Abholservice per Minibarkasse ist inklusive. Unser nächstes Ziel ist Procida, die kleine Schwester von Ischia, in der großen Ankerbucht vor der wunderschönen Kulisse der Inselstädtchens „verlaufen“ sich die zahllosen Boote und wir haben Spaß die Ankerfreuden der typisch italienischen Familien mit Oma und Baby, Teenagern und Halbstarken zu teilen.

Hardrock und italienische Schnulzen beschallen die Nachbarlieger, Kinder quieken, Ankerketten rasseln, Motorengebrüll von Pershing und Co. beeindrucken die Mädels im Tangerbikini. Abends kehrt auch hier Ruhe ein, nur die Segelyachten bleiben über Nacht. Am Wochenende ist Italiens höchster „Feiertag“ – Ferrogasto, man feiert dann quasi Ostern und Weihnachten zusammen, beim Picknick am Strand, auf dem Boot mit Kind und Kegel, auf jeden Fall mit vielen anderen zusammen, wenn das mal gut geht! Es wird also nochmal richtig voll an den Hotspots der Inselwelt. Wir ergreifen die Flucht nach vorn und ziehen rüber nach Gaeta. Das Segeln ist wenig anspruchsvoll, weil kein Wind.

Dafür haben wir das große Glück eines seltenen Besuchs, ein Delfin schwimmt eine kurze Strecke an Columbias Bug mit. Einfach Gänsehaut! Gaetas Ankerbucht ist ein Treffer, ringsum geschützt, teilen wir sie mit nur wenigen Booten. Fürchtenix kommt ins Wasser und das Anlanden an den Marina-Steg ist mit Muskelkraft möglich. Einkaufen und schlendern ist in Gaeta ein Vergnügen.

Ferrogasto (das ist in Deutschland Mariä Himmelfahrt) läuft an Land auf Hochtouren, die Restaurants sind voll, Discomusik dröhnt bis zur Morgendämmerung, Feuerwerkskörper werden gezündet und wir schaukeln in guter Distanz „cool“ auf dem Meer. Da es immer noch sehr heiß ist, müssen wir mitansehen wie die Berge brennen!

Mit Wasserflugzeugen und Hubschraubern können nur wenige Brandherde gelöscht werden. Unbewohnte Hangrücken brennen die ganze Nacht. Ein paar schmierige  Ascheflöckchen landen auch auf Columbia, da ist uns die körnige Asche des Ätna lieber. Wir lesen, dass Brandstifter am Werk waren und haben einen dicken Hals!! Weiter geht’s nach Norden, wieder mal sitzt uns die Wetterprognose im Nacken – Gewitter und starker Wellengang werden erwartet. Wir buchen unsere nächsten Stopps in sicheren Häfen (Anzio und Nettuno) und warten völlig entspannt ab, bis die Störung vorbeigezogen ist.

Da braut sich was zusammen in Nettuno.

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