Ciao Sicilia

Mit den Bildern von den Schwertfischfängern verabschieden wir uns von Sizilien, ein Jahr lang war dort unsere Wahlheimat. Die größte Insel des Mittelmeeres hat all unsere Erwartungen weit übertroffen: abwechslungsreiche Landschaften: smaragdgrüne Buchten mit einsamen Sandstränden, grüne Gebirgszüge, an den Berghängen und in weiten Ebenen beschauliches Bauernland mit Orangen- und Zitronenplantagen, wogende Weizenfelder und blühende Wiesen im Frühling, braune Steppen mit Geisterruinen und dann dieses Monster, der Ätna, der immer wieder für Überraschungen gesorgt hat, das Bild von Columbia voll schwarzer Asche werden wir nie vergessen.

Palermo, Syrakus, Catania: jede Stadt ist unvergleichlich und speziell. Wir haben uns in allen wohlgefühlt. Und nicht zuletzt das kleine Licata: echte Provinz, liebenswürdig, übersichtlich, eine authentische Altstadt mit Minimarkt, Paneria (Bäckerei), Salumeria (Wurst- und Käse), Parrucheria (Friseur/Barbier) Blumenlädchen, Bars und Trattorias, allesamt kleine Familienbetriebe, hier wird gearbeitet und gelebt.

Die Wäsche flattert über den Köpfen, der Putz bröckelt, die elektrischen Leitungen an den Fassaden sind zu Kunstwerken drapiert, die Gassen sauber gefegt, kein Müll liegt rum, die Leute grüßen freundlich, manchmal sogar auf deutsch. Hinter manch oller Fassade sind echte Kleinode versteckt.

In der La Frutteria Di Russo Salvator haben wir Obst und Gemüse in bester Qualität für wenig Geld gekauft, der Sohn der Betreiberfamilie „Angelo“ hat Backstage für Ordnung und Lieferung gesorgt, der Ruf quer durch den Laden: „Aaangelooo!!!!!“ bleibt uns nachhaltig in Erinnerung. Hier haben auch Kleinbauern geliefert, die nur geringe Mengen produziert haben, natürlich mit einer Ape. Vortagsware oder Gemüse 2. Wahl ist tütenweise an Bedürftige für 50 Cent „verkauft“ worden. Das Café Sant Angelo am Kirchplatz war unsere Lieblingsbar, hier hast du, wenn du mittags einen Sprizz oder Bier bestellt hast, eine Platte mit Leckereien bekommen, Pizzastücke, Tomate Mozzarella, Schinken, Wurst, Käse, Mittagessen konntest du dann ausfallen lassen.

Bitter war die Zeit des Lockdowns, fast alle mussten schließen, für ein paar Gerichte zum Mitnehmen hat sich das Offenhalten der Restaurants nicht gelohnt. Apropos: Beim Thema „Sizilianische Küche“ geraten wir ins Schwärmen, natürlich sind die Grundzüge italienisch, überall gibt es Pizza, Pasta und Gelato, aber darüber hinaus machen die Sizilianer aus wenigen guten Zutaten hervorragende Gerichte für Genießer, spezielle, arabisch angehauchte Rezepte mit Pistazien, Couscous, Kapern, Rosinen, Mandeln und Anchovis gibt es nur hier. Schwert- und Thunfisch fehlen auf keiner Speisekarte und gibt’s fast überall zu kaufen.

So viele Zitronen, Orangen, Petersilien-, Basilikum,- Salbeisträußchen, Kaktusfrüchte, Tomaten, Vongole (alles für den Skipper immer mit Pasta) haben wir nie zuvor gegessen. Außer Haus (Boot) haben wir die besten Erfahrungen in den kleinen Trattorias gemacht, die ihre Tische direkt an der Straße auf dem Gehweg abseits der Touristenpfade haben. In Syrakus haben wir quasi mitten auf dem Fischmarkt von Ortigia gespeist. Hervorragende Antipasti Marinero (alles mit Fisch, Muscheln, Krustentieren) sind uns an der Hauptstraße in Syrakus serviert worden.

Die besten Antipasti überhaupt hat uns der Chef von Patrizias Trattoria in Catania nah beim Hafen serviert, für die Secondi Piatti mit sensationellem Rindersteak war kaum noch Platz. Hätten wird das doch vorher gewußt!

Über das außergewöhnliche sizilianische Frühstück mit Zitronen- oder Pistazieneis und Brioche (eine Art Milchbrötchen) haben wir ja schon mehrfach berichtet. Man muss sich darauf einlassen und es mal probieren, das ist echt lecker. Skippers einziger Kritikpunkt: die Kaffeetassen könnten größer sein, diese Fingerhüte sind nicht sein Ding, ihm schwebt da mehr so ein echter Bembel mit Kaffee vor.

In unserer Marina als „Heimathafen und Oase für Seefahrer“ haben wir uns auch bei tosenden Stürmen sauwohl gefühlt, sicher, umsorgt als Menschen und nicht nur als zahlende Kunden. Zu Weihnachten hat das Marinabüro jeder Crew einen blühenden Weihnachtsstern geschenkt – von den Marineros mit guten Wünschen überreicht. Die Zusammenkünfte innerhalb der internationalen Seglercommunity ob geplant beim Sport, Grillen oder spontan auf dem Steg waren immer schön. Die spontane Weihnachtsfeier an Heilig Abend auf dem Steg mit Gitarrenmusik werden wir immer in Erinnerung behalten, das war echt magisch.

Wir haben hier viele nette Menschen getroffen und Freunde gefunden. Weihnachten, Ostern, Geburtstage haben wir gemütlich mit unseren Freunden Ewa und Anders gefeiert und dazu unseren Steuerbord-Nachbarn Andreas aus den USA eingeladen, der als Einhandsegler mit seiner Yacht „Migration“ einer antiken SWAN unterwegs ist. Nicht nur das gemeinsame Feiern, Staunen und Lachen über Stories, die das Leben schreibt, sondern auch seine technische Unterstützung bei diversen Arbeiten am Schiff hat aus der Bekanntschaft eine Freundschaft werden lassen.

Unsere Abreise stimmte uns daher traurig. Wir werden versuchen die Verbindungen zu halten und wünschen allen fair winds. Über die Sizilianer zu schreiben, wäre ein eigenes Kapitel wert, wir begegneten überaus freundlichen, hilfsbereiten, offenen Menschen.

Durch den Einsatz engagierter Mitarbeiter im Krankenhaus sind wir und alle Seefahrer, die wollten oder bei denen es medizinisch vertretbar war,  egal welcher Nationalität, gegen Covid-19 geimpft worden. Ob das in Deutschland auch möglich gewesen wäre, wir wissen es nicht. Wir jedenfalls können nur immer wieder danke sagen!! Über die dunkle Seite Siziliens haben wir nur in Pressemitteilungen gelesen, fast täglich ist über Blitzaktionen der Guardia Finanza gegen Mafiaverbrecher berichtet worden. Das macht ein klein wenig Hoffnung, dass sich das Blatt wendet und der normale Sizilianer in Zukunft unbehelligt leben kann. Sie haben es wirklich verdient. Zuletzt noch eine Empfehlung des Skippers an die, die noch gerne selbst Auto fahren. Kommt nach Sizilien, nehmt euch einen Leihwagen, tut es euch an und genießt es ohne schlechtes Gewissen, Freiheit pur, der letzte nicht geregelte Bereich. „Ihr in D fahrt nach Regeln, wir hier nach Gefühl“, sagte uns einmal ein Einheimischer zur Erklärung. Hier macht Fahren Spaß, solange der Verkehr rollt, schreitet keine Polizei ein. Ein Ausschnitt eines Werbespots für Sizilien macht das deutlich.

Es zeigt „ganz harmlos“ eine Familie auf einer Vespa. Beim zweiten Blick kommt man ins Schmunzeln. Die Familie besteht aus 5 Personen, ein Mädchen sitzt im Fußraum und die beiden Jungs hinter ihrer Mama. Natürlich trägt niemand einen Helm auch Papa nicht. Wie sollte der aber auch, denn er raucht beim Fahren eine Pfeife, da passt kein Helm. Zudem fährt er einhändig, denn mit rechts sichert er ein Gewehr auf seiner rechten Schulter. Das abgebildete Motiv ist etwas älter, denn im hier und jetzt hätte Mama bei der Fahrt mindestens noch ein, zwei Handy’s am Ohr. Dies war nur ein durchaus reales Beispiel für die Fortbewegung mit einer Vespa, wenn wir jetzt noch von den Möglichkeiten, die eine Ape bietet berichten würden, Skippers Lieblingsbüchse, dann würde es eine unendliche Geschichte werden. Eine Verkehrsüberwachung wie in D existiert nicht, Geschwindigkeitsmessstellen sind außer Betrieb, gesprengt, umgefahren, erschossen oder abgefackelt. Verkehrszeichen sehen nett aus haben jedoch keinerlei Bedeutung und wirklich noch nicht einmal hinweisenden Charakter. Der Skipper wird sich beim nächsten Besuch in D schwer umstellen und zusammenreißen müssen. Eine Stunde Fahrt in Sizilien mit dem Auto brächte in D ca. 700 Jahre Fahrverbot. Bereut hat er keine Fahrt und ja, wunderschön war’s und nochmals ja, jederzeit gerne und immer wieder!!!!! Resümee: Sizilien ist mehr als eine Reise wert – wir jedenfalls werden sicherlich wiederkommen, es gibt noch so viel zu entdecken.


3 Comments

  1. Franz Feil

    Hallo Ihr Lieben,
    das ist ja eine richtige Ode an Sizilien geworden. Eine tolle Zusammenfassung Eurer Zeit auf dieser schönen Insel.
    Wie immer war es ein Genuss diesen wunderbaren Bericht zu lesen.

    Herzliche Grüße aus dem verregneten Pleinfeld,

    Britta und Franz

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