Auf der Zielgeraden – von Marsala nach Licata

Wie so oft bestimmen Wind und Wellen unsere weitere Reise. Der Löwengolf im fernen Frankreich spielt dabei eine wichtige Rolle, wenn er wieder mal brüllt und der Mistral bläst (und das tut er so alle 14 Tage), dann gibt es etwas später an den Küsten Siziliens Starkwind und Wellen. Das ist eigentlich des Seglers Antrieb, wenn dann die Wettervorhersage mit der Realität übereinstimmt, sind wir alarmiert. Für unsere kleine Ankerbucht auf Favignana sind 1,5m Welle vorhergesagt, da denkt der Laie, das ist ja wohl nix und grundsätzlich stimmt das auch, da hatten wir bei der Biskayaüberquerung deutlich höhere zu bewältigen, was Columbia locker wegsteckte. Beim Ankern ist der Schwell der Übeltäter, der einem das Leben schwermacht. Solange Wind weht und der Anker unten ist, legt sich Columbia in den Wind, d.h. „rechtwinkelig“ zu den Wellen. Das ist noch OK, das Schiff geht nur hoch und runter, sonst passiert nichts. Wenn dann abends der Wind einschläft und das ist hier meistens der Fall, zieht Columbia nicht mehr an der Kette, sondern trudelt um den Anker herum, jetzt setzt der Schwell gern von der Seite und das Boot fängt an zu rollen und es wird sehr unangenehm. Du schaust auf glattes Wasser und wie aus heiterem Himmel rollt das Boot hin und her, so stark, dass die Tassen vom Tisch rutschen und du dich wie auf hoher See immer irgendwo festhalten und abstützen musst, und wie schon berichtet, ein Sicherheitsgurt im Bett nötig wäre. Also wunderschöne Ankerbucht ade, da haben wir keine Lust drauf und segeln nach Marsala, dem einen oder anderen Hobbykoch als Soßenzutat ein Begriff.

Weinprobe auf Columbia

Tatsächlich gibt es in der Hafenstadt namhafte Weinkeller, die sich auf die Herstellung des Marsalaweines spezialisiert haben, in dieser Ecke Sizilien gedeiht diese Rebsorte besonders gut. Die weiße Traube wird zu einem süßen Wein vergoren, von einfachen bis exklusiven Variationen. Die noble Sorte ist für Soße viel zu schade, sondern wird mit Käse und Obst zum Dessert gereicht oder gut gekühlt als Aperitif wie Sherry oder Madeira vor dem Essen verköstigt. Leider haben wir kurzfristig keinen Termin für eine Weinkellerbesichtigung mehr bekommen können. Da haben wir unser Eating-Meeting mit unseren schwedischen Freunden kurzerhand zur Weinprobe mit leckeren Kleinigkeiten umgestaltet. Die Weine dazu haben wir im kleinen aber feinen Mercato Antico in der Altstadt von Marsala gekauft.

Auch sonst hat es uns in der Altstadt gut gefallen, die hellen, glattpolierten Pflastersteine haben uns an das kroatische Zadar erinnert. Begrünte Boulevards und gepflegte Gassen mit kleinen Läden und Restaurants laden zum Bummeln ein, doch bitte nicht zwischen eins und fünf, dann schlagen 35° voll durch und du willst einfach nur im Schatten abhängen – Zeit für Siesta.

Der nächste Hafen, den wir anlaufen heißt Mazara del Vallo, dort spürt und sieht man die Nähe zu Afrika – ca. 80 sm bis Tunesien. Hier ist der Sitz der wichtigsten Fischerhäfen Siziliens, wir lesen solche Informationen mit gemischten Gefühlen. Die Stadt aber ist eine große Überraschung, noch mehr als in Marsala ist die Altstadt sehr gepflegt, es gibt tolle antike Gebäude in gut restauriertem Zustand, die „Kasbah“ zeugt von nordafrikanischen Einflüssen, die wechselvolle Geschichte ist durch europäische, orientalische und afrikanische Elemente in der Architektur präsent.

An den Fassaden hängen Info-Tafeln, zwar nur in italienische Sprache, aber immerhin. Die Einwohner scheinen stolz auf ihre Stadt zu sein. Mitten in der Woche sitzen wir um 21.00 Uhr auf der großen Piazza genießen Cocktails und Bier einer Bar, die ihre Außenplätze am Rande aufgebaut hat, angenehme Musik klingt im Hintergrund. Die dezente Beleuchtung der Bauwerke zaubert eine gemütliche Atmosphäre. Die Leute schlendern in feiner Garderobe durch die Gassen, junge Leute, ältere Herrschaften, Familien mit Kinderwagen, Teenies führen das erste Make-up aus. Über den Platz springen und hüpfen die Kleinen. Es wird für Fotos posiert, ein junger Mann führt stolz seine Freundin im kurzen Glitzerfummel übers „Parkett“. Wir schauen und genießen unseren Gin Fizz Romano – mit Rosmarin.

Sciacca

Als Nächstes machen wir in Sciacca, (sprich Schakka) am Steg der kleinen Marina fest, ein wahrer Hingucker sind die Marina-Anlagen, mit bunten Keramikfliesen und schattigen Sitzplätzen, einem Marina-Büro, das den Namen verdient und aufmerksamem Personal haben wir wohl dieses Mal einen Glückstreffer gelandet.

Wir bleiben fast eine Woche, spazieren durch die Stadt, schwitzen auf den 200 Stufen nach oben und lassen uns das sizilianische Frühstück im Original schmecken: ein Brioche mit Granite di Limone dazu ein Cappuccino – hat Suchtfaktor.

Die Stadt überrascht mit einer Kathedrale, die man würdevoll über einen riesigen Teppich betreten kann, verwinkelte Gassen, in denen ganz normal gelebt wird, aromatische Kochgerüche ziehen vorbei und die Wäsche flattert oben an den Balkonen.

Neben dem großen Fischereihafen, wir zählen über 50 große und kleine Trawler, ist die Stadt für ihre Keramikwerkstätten bekannt. Auf Schritt und Tritt begegnet der Besucher zahllosen Dekoelementen. Keramikwaren werden in allen Preisklassen präsentiert, mal klassisch, mal modern, selten schlicht, vor allem aber bunt. Würde sich auf meinem Esstisch gut machen, doch wohin damit auf Columbia, also nur gucken – nicht kaufen.

So wächst der Sättigungsgrad unserer Reiseeindrücke auf das „Wir-haben-genug-Niveau“. Wir brauchen Pause. Unsere letzte Etappe verläuft anders als geplant. Wir haben die verbleibenden 52 Seemeilen nach Licata mit einem Zwischenstopp in San Leone nahe dem berühmten Tal der Tempel – musst du auf Sizilien gesehen haben – geplant. Alle Marinas auf unserer Reise haben wir am Tag zuvor telefonisch oder per Email vorgebucht und immer eine Antwort erhalten. Bei San Leone bleiben die Leitungen kalt – keine Rückmeldung – so laufen wir auf gut Glück dort ein – und kreisen im Hafenbecken – weitere Kontaktversuche laufen ins Leere – was tun? Nach kurzer Beratung mit Unisax entscheiden wir: es ist halb drei – 20 Meilen bis Licata – wir legen den Hebel auf den Tisch und ziehen durch, Unterwegs machen wir noch mal richtig Sightseeing – die Küstenlandschaft ist wunderschön.

Dann endlich um kurz vor sieben machen wir in Licata fest. Der freundliche Marinero reicht die Mooringleinen an – Angekommen!!! jippih!!

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