Traumziel Malta

die Leinen sind los, ohne Böllerschüsse und Feuerwerk verlassen wir Licata.

Hier hatten wir eine tolle Zeit. Zusammen mit Ewa und Anders von der Unisax planen wir nach Malta zu segeln. 4-5 Wochen haben wir Zeit, die Trauminsel zu erkunden. Anfang Juli müssen wir nochmal zurück nach Licata, dann haben wir einen Termin im Krankenhaus für die zweite Impfung. Früher, also vor Covid, hast du auf dem Plotter einfach einen Wegepunkt gesetzt, die Windbedingungen geprüft und los. Jetzt ist alles viel komplizierter. Malta öffnet am 1. Juni zwar seine Grenzen für Touristen, setzt aber rigorose Einreisebedingungen, u. a. muss man einen negativen PCR-Test vorlegen, der bei der Einreise nicht älter als 72 Stunden sein darf. Schließlich müssen diverse Formulare und das negative Testergebnis vorab per Email an die Port Medic – Behörde gesandt werden. Ist alles Ok bekommt man die Einreiseerlaubnis per Email, die gleichzeitig an die Marina geschickt wird, sonst darf sie uns nicht reinlassen. Erst nach unzähligen Telefonaten haben wir dieses Prozedere herausgefunden. Wo kriegen wir den PCR-Test her? In Agrigento, eineinhalb Autostunden von Licata entfernt, gibt es ein Labor – doch bis wir mit dem Ergebnis an unserem Startpunkt zur Überfahrt sein werden, dauert es zu lange. Der nächste Testort ist im Krankenhaus in Ragusa, die nahe gelegene Marina hat leider gerade geschlossen – Baggerarbeiten in der Einfahrt.

Irgendjemand gibt uns den Tipp nach Scoglitti zu segeln, ein idyllischer Fischereihafen mit ein paar Liegeplätzen für Gäste, dort macht ein medizinisches Labor besagten Test, und der nette Hafenmeister organisiert einfach alles. Noch mal die Wettervorhersage geprüft – sieht gut aus. Nach den ersten schönen Segelstunden der jungen Saison laufen wir in Scoglitti ein. Morgen gehen wir zum Testen – tja noch nicht, denn morgen ist Nationalfeiertag in Italien, da ist das Labor geschlossen. Blick aufs Wetterfenster – ein Tag später geht auch noch. Wir schauen uns im kleinen Ort um, der noch nicht vom Massentourismus entdeckt ist, hier machen im Juli/August Italiener Urlaub.  Wir scheinen die ersten Besucher der Saison zu sein. Fisch bestimmt hier den Arbeitsalltag, frisch auf den Tisch in zahlreichen netten Restaurants, die sich nach langer Covid-Zwangspause auf Kunden freuen. Die Menschen sind wieder unterwegs – sitzen im Eiscafe, kaufen in den vielen kleinen Geschäften – meist Familienbetriebe – ein, bummeln über die Promenade und halten hier und da ein Schwätzchen. Die Leute verhalten sich uns gegenüber überaus freundlich, egal ob die Bedienung im Café, der Angler auf der Mole oder der „Kölsche“ Verkäufer am Obststand. Man fragt, woher wir kommen – und spricht mit uns auf deutsch. Wir fühlen uns wohl, alle haben Zeit!

Am nächsten Morgen finden wir uns im Labor ein. Unser erster Covid-Test, das Ausfüllen der italienischen Formulare ist mühsam – das Teststäbchen geht gleich bis ins Hirn. In einer halben Stunde können wir das Ergebnis gegen 30 Euro cash abholen?!? Da werden wir zum ersten Mal stutzig. PCR- Testergebnisse kriegt man frühestens nach 4-5 Stunden, haben wir gelesen. Die kritische Nachfrage bringt Gewissheit – das war kein PCR – Test, das war ein  Rapid-Test. Was tun? Jetzt noch mit dem Taxi ins Krankenhaus nach Ragusa? Da braucht man einen Termin. Enttäuschung macht sich breit. Wir aber denken positiv, Negativtest ist Negativtest! Viele Telefonate später – nach vielen guten Ratschlägen diverser hilfsbereiter Menschen schicken wir unsere Unterlagen zum Port Medico nach Malta und ….warten noch heute auf die Einreiseerlaubnis. Inzwischen ist das Wetterfenster zu – Malta bleibt ein Ziel zum Träumen –  doch dort will man uns nicht. „Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?“ Die Ostküste Siziliens hat viel zu bieten, sowohl Naturschönheiten als auch historische Städte.  Wir machen erst mal keinen großen Plan, sondern stecken den Kurs, um schön segeln zu können. Leider meint es der Wind am Capo Passero zu gut und macht ruhiges Ankern in malerischen Buchten unmöglich. Von Einheimischen in Licata empfohlen, gehen wir in die kleine Marina von Marzamemi, ein ehemals pittoreskes Fischerdorf, heutzutage komplett auf Touristen ausgerichtet.

Der alte Dorfkern wird dominiert von der ältesten Thunfischfabrik Siziliens; hier sind in der Vergangenheit Tonnen von Fisch angelandet und weiterverbreitet worden. Der Fang und das Schlachten waren eine blutrünstige Angelegenheit, wie alte Fotos und Filme zeigen. In der authentisch renovierter Halle kann man nun den Thun in allerlei Zubereitungsformen in Dose oder Glas grusel- und blutfrei kaufen. Nach einer genialen Segeletappe unter Vollzeug bei Halb-Wind (wenn der Wind genau von der Seite kommt) laufen wir Syrakus an, eine Stadt, die uns bei unserem Besuch mit dem Auto vor zwei Wochen nachhaltig positiv beeindruckt hat und gehen in der großen Bucht vor der Stadt vor Anker.

Das riesige natürliche Becken ist angeblich der älteste Hafen Siziliens, hier haben schon die Flotten der alten Römer, Griechen, Normannen usw. festgemacht und starteten zu ihren Feldzügen. Uns bietet es mit einer Wassertiefe von 8m mit Sandgrund ideale Ankerbedingungen. Columbia liegt geschützt vor Schwell und Winden aus fast allen Richtungen.

Nach zwei Tagen Erholung und Nichtstun steht uns dann jedoch der Sinn auf Landgang. Sollen wir unser Beiboot aufbauen? Das wäre mit etwas Aufwand und Artistik auf dem Vorschiff möglich, aber auch schweißtreibend, denn die Sonne brennt vom blauen Himmel. Da hat die Skipperin einen genialen Einfall, sie ruft die Marina in Sichtweite an und fragt nach einem Wassertaxi. Zunächst reagiert das Gegenüber perplex, aber warum denn nicht? Und schneller als gedacht, geht Davide mit seinem Dingi bei uns längsseits und holt uns und die Unisax-Crew ab. Hin und irgendwann später zurück für 20 Euro und dafür gibt es auch noch eine Rechnung mit Quittung. Herz, was willst du mehr! Die Skipperin kann ihre Vitamin -C- Vorräte auffüllen, denn der Vorrat an frischem Obst und Gemüse oder Joghurt geht arg gegen Lenz. Das Muli (der Skipper) ist ja eh dabei und kann sich beim Schleppen des ganzen Kaninchenfutters nützlich machen. Bei der nächsten Tour suchen wir mal den Waschsalon auf und nach einer 18 kg Wäsche riechen alle T-Shirts und Handtücher wieder frisch.

Wir nehmen uns Zeit für Syrakus, eine wirklich tolle Stadt mit einer vor Leben strotzenden, sauberen Altstadt, wie wir sie lange nicht gesehen haben.

Diffuses Licht, enge Gassen, jede Menge kleiner Lokale, Live-Musik, geöffnete Gallerien, Eiscafes, Szenekneipen, Straßenkünstler, hier steppt der Bär, hier boxt der Papst. Wir können gar nicht genug bekommen.

Zwischendrin gönnen wir uns ein paar Tage in der Marina um die sizilianische Küche zu genießen, die Altstadt am Abend zu erleben oder um spontane Verabredungen mit netten Seglerbekanntschaften zu machen. (Liebe Grüße an Gerhard und Patrizia von der Segelyacht ARTE) Wir bleiben noch ein paar Tage hier und werden Ende des Monats Catania anlaufen. Von dort gehts mit dem Bus nach Licata. Nach der Impfaktion sehen wir dann weiter.

P.S. Taormina: Ein Foto des Amphitheaters in Taormina in unserem letzten Beitrag zeigt, wie Zuschauertribünen für ein Musik-Event aufgebaut werden. Das erste Konzert (mit der italienischen Pop-Ikone Emma) fand letzte Woche statt. Man achte auf den Hintergrund: der Ätna bricht aus. Das muss ein unvergessliches Erlebnis gewesen sein, leider waren wir nicht dabei. In der Lokalpresse haben wir ein Foto gefunden, dass wir euch zeigen wollen. Ja, schöner geht es nicht!

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