Rhone 2

Von Schleusen, Gewitter und Reparaturen: Wir starten bei schönstem Wetter in Avignon mit dem Vorsatz, es etwas gemütlicher angehen zu lassen. Die Rhone zieht träge dahin und lässt uns genießen.

Wir passieren so berühmte Weinanbaugebiete wie Châteauneuf-du-Pape oder Sauveterre: Weinkenner geraten hier ins Schwärmen. Uns interessiert im Moment nur Wasser, viel Wasser zum Durstlöschen. 35 Grad und in den Schleusen auf dem Präsentierteller, lassen den Schweiß in Strömen rinnen.

St. Etienne-de-Sorts

Der erste Nachtstopp ist in St. Etienne-de-Sorts. Die 500 Seelen Gemeinde hat im Sommer eine Anlegestelle für die Bootstouristen eingerichtet. Neugierig schauen wir mit dem Fernglas, ob da ein Platz für uns ist. Jipiih, keiner da. Das Anlegen ist mit unserem Jungmatrosen ein Kinderspiel, an Land springen, abdrücken. Fender zwischen halten und die Leinen belegen – großartig. Zur Belohnung gibt’s ein erfrischendes Bad in der Rhone mit Wellnessbehandlung. Tausende kleine Fische tummeln sich hier und kitzeln die Haut – ein überraschendes Gefühl.

Der kleine Ort bietet nicht viel, ein paar Weinbauern leben hier, es gibt einen Frisör und zwei Restaurants (Samstagabend geschlossen?!?) An der Kaimauer trifft sich abends die Dorfjugend und bringt ihre Musik mit. Wir werden nett begrüßt und nach kurzer Zeit zieht das Jungvolk weiter. Wohin ist uns ein Rätsel. Das Dorf ist so verschlafen, da sagen sich Weinbergschnecke und Zikade gute Nacht. Am nächsten Tag wollen wir bis zur kleinen Marina Viviers fahren. Es wird wieder hölleheiß. Die nächste Schleuse Ecluse Bollene soll das Highlight der Rhone sein, war bis vor kurzem Europas größte.

Wir sind fasziniert, 22m tief unten fahren wir ein wie in einen Bergwerksstollen, als eingespieltes Team klappt das Festmachen super. Hoch oben ein Streifen Himmel – man hat das Gefühl in einer Kathedrale zu sein. Der Eindruck wird durch die gewölbten Torbereiche noch verstärkt. Beeindruckend – wie in einem Aufzug geht es der Sonne entgegen.

Zügig geht die Fahrt weiter. Wir prüfen nochmal die Wettervorhersage, weiter im Norden braut sich was zusammen anschließend soll starker Mistral kommen. Und nun? Plan B ist dran – da Columbia gut läuft, werden wir Viviers überspringen und peilen Cruas, eine kleine Marina bei einem Atomkraftwerk an, soll zum Abwarten des Gewitters genügen und ist näher an Valence dran. Und wenn wir dort für eine Woche eingeweht sind? – nicht so toll.

Industrieromantik

Wind und Strom sind heute ideal, bei 38 Grad im Schiff bringt wenigstens der Fahrtwind einen kühlen Hauch. Am frühen Nachmittag erreichen wir Cruas. Wir beschließen es links liegen zu lassen (Plan C) und Valence direkt anzulaufen, noch 33 km. Der Himmel verändert sich, ein typischer Gewitterhammer bewegt sich vor uns her, das Satellitenbild im Handy zeigt, wo er hinzieht. Wir sind verdammt nah dran. Jetzt „scannen“ wir geradezu die Ufer der Rhone, ob wir irgendwo zur Not anlegen können – Fabrikgelände, Cruisersteg, Bootsclub. Noch 4 km bis zur nächsten Schleuse, renn – Columbia – renn! Nach der nächsten Flussbiegung kommt sie in Sicht. Gekonntes Anlegen im Team am Wartesteg, Blitze zucken direkt vor uns, es donnert und beginnt zu regnen. Kurzer Funkspruch an die Schleuse „wir bleiben heute Nacht hier“! Hinter den dicken Mauern fühlen wir uns absolut sicher, total windgeschützt – und kaum Strömung. Puuh! Wieder mal geschafft!

Nach nem Anlegeschluck mit eiskalter Fanta und Bier geht’s uns saugut, das Unwetter zieht zum Glück weg. Am nächsten Morgen starten wir früh, mehr Gewitter werden am Nachmittag erwartet. Um 11 Uhr legen wir in Valence an und mit Blick auf das, was noch kommt, buchen wir auch hier eine Woche.

*Ein neuer Tag hat begonnen. Nach einem „ausgewogenen Frühstück“ mit Croissants und Pain au chocolat begeben sich Jungmatrose und Skipper in den Bauch der Columbia – naja sie liegen eher auf dem Boden – um den Trinkwasserfilter zu wechseln, welcher sich regelmäßig nach einiger Zeit zusetzt und gewechselt werden muss. Nachdem dies geschehen ist und auch der Wasservorfilter gereinigt ist, kommt der Skipper auf die großartige Idee einen kurzen Motorcheck durchzuführen. Naja, ein Blick in den Motorraum genügt um alles zu sagen.. dies wird länger dauern, denn es steht Wasser im Motorraum. Skipper und Skipperin haben sich daraufhin die Wasserschläuche und auch die Seewasserpumpe, die den Motor kühlt, angeschaut und das Problem identifizieren können. Was ist das Problem? fragt der Jungmatrose. Der Skipper erklärt ihm, daß eine der internen Dichtungen der Seewasserpumpe kaputt ist. Kurzerhand holt der Jungmatrose eine Absaugspritze und einen Eimer für das Wasser. Während die Skipperin das Wasser auf dem Rumpf saugt, schraubt der Skipper die Pumpe unter Assistenz vom Jungmatrosen, der ihm mit einer Taschenlampe seinen spontanen Arbeitsplatz ausleuchtet.

Nach mehrmaligen Ausrastern und Beschwerden gegenüber der Taschenlampe, die so langsam den Geist aufgibt und den widerspenstigen Schrauben schaffen es der Jungmatrose und der Skipper die alte Wasserpumpe auszubauen. Die neue Pumpe ist schnell ausgepackt und begutachtet. Die Pumpe bringt nur ein Problem mit sich. Einer der äußeren Dichtungsringe passt nicht genau auf die Pumpe und fällt deshalb dauernd ab. Der Skipper hat so langsam genug davon und holt sich kurzerhand den alten äußeren Dichtungsring und reinigt ihn und siehe da, er ist unbeschädigt und passt wie angegossen! Der Skipper baut daraufhin die neue Seewasserpumpe ein. Nun will er sich den Motor nochmal von der anderen Seite anschauen und vor allem den Ölstand überprüfen. Am Ende steigt doch der Jungmatrose runter in den Motorraum (gehört wohl zur Ausbildung) und prüft Motor- und Getriebeölstand.

Das nächste Problem… es fehlt Öl, welches deutlich heißer werden würde bei der Weiterfahrt, also wird nachgefüllt. Abschließend testet das Mechanikerteam, ob auch alles rund läuft und startet den Motor. Die neue Pumpe hält und tropft nicht! Das Team ist nach den 3 Stunden Arbeit bei knapp 30°C so kaputt, daß es erstmal eine Nudelsuppe und für den Jungmatrosen Buchstabennudeln mit Tomato Fritto, selbst gemacht, essen muss um das Nudelmeter wieder auf Niveau zu bekommen. (*copyright Hannes) Was lernt man daraus: Sorgfalt, eine gute Mannschaft, den richtigen Riecher und genug Nudeln sind an Bord unverzichtbar!

Waschtag auf Columbia

Der Port L’Eperviere ist ein Kleinod mitten im Grünen, wir haben freie Sicht auf die Rhone und beobachten, wie sich die großen Frachter die Rhone rauf quälen,

Gestrandeter Frachter aus der Zeit der Dampfmaschinen

denn mit 35 kn und mehr bläst der Mistral. Valence haben uns auch Ewa und Anders empfohlen, die hier ebenfalls tagelangen Starkwind abgewartet haben. In kurzer Distanz sind zwei Riesensupermärkte, die den täglichen Einkauf zum Vergnügen machen – sehr angenehm ist dabei die Klimaanlage.

Auch das Stadtzentrum hat einiges zu bieten (in 10 Minuten ist man mit dem nagelneuen Elektrobus dort) ein großer Park mit schattigen Plätzchen, einer Fußgängerzone, die keine Wünsche offen lässt, Restaurants und Cafés.

Kleinod am Wegesrand – ein wunderschön restaurierter früher Renault
Kunst im Park – freilaufende Hunde
Sonntags ist Familienpicknick im Park

Doch wie in vielen modernen Innenstädten vermissen wir die typisch französischen kleinen Lädchen, nur hier und da hat einer die Innenstadtmodernisierung überlebt. Alles ist schick und modern aber ohne Flair, wie in den meisten deutschen Städten auch. Morgen werden wir das letzte Drittel Rhone bis Lyon in Angriff nehmen, denn dem Mistral geht endlich die Puste aus.

5 Comments

  1. Sinja

    Hey! Schöne Grüße aus dem hohen Norden! Jetzt trennen uns ca. 1880 km! Schöne Bilder und Eindrücke von eurer Schleusentour!
    Und was es bei Euch immer zu reparieren gibt ist erstaunlich – immer ist jedes Ersatzteil an Bord – Hut ab! D.h. besser nicht bei fast 40 Grad!
    Kauft nicht zu viele 5kg Pakete Nudeln, sonst liegt ihr bei den Flusstständen bald zu tief im Wasser bzw. auf dem Grund!
    Dicken Gruß och vi ses!

  2. Henrik

    Junge, Junge, dass euer „Nudelmeter“ drei Stunden im roten Bereich tourt, halte ich schon für fahrlässig. Gut, dass es Nachschub im Großgebinde (sog. „Anstaltspackung“) gibt. Jetzt läuft’s wohl wieder rund. Viel Vergnügen weiterhin!

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