Küstensegeln

Wie geplant geht’s weiter Richtung Barcelona, diesmal klappt der Start fast sofort – „nur die kleine Sicherung“ für den Motor muss erneuert werden. Die Strecke, die wir vor uns haben ist überschaubar – “ noch g’schwind um die Huk“ (Lieblingsausdruck von Wolfgang, Ausbildungslehrer bei einem früheren Segeltörn). Wir runden das Cabo de Palos bei herrlichem Wetter fast ohne Wind – kaum liegt der neue Kurs an, können wir die gesamte Außenküste des Mar Menor überblicken.

Cabo de Palos

Nur eine schmale Landbrücke trennt das kleine Binnenmeer vom Mittelmeer und weil es bei 3-6m Tiefe innen kaum widrige Windbedingungen gibt, ist es bei Urlaubern aller Art sehr beliebt daher ist der Sandstreifen fast lückenlos bebaut – nicht gerade ökomäßig sondern klotzig. Wir suchen einen Ankerplatz in Lee der Isla Grosa, dabei müssen wir aufpassen, nicht in die Naturschutzzone der Insel zu geraten. (Wie wir später miterlebt haben, werden die Ankerlieger, die das ignoriert haben, von den Rangern aufgesucht und müssen den Anker lichten.) Doch wir haben es richtig gut getroffen, ohne jeden Hinweis in Karte und Revierführer sind hier etwa 25 Bojen zum Festmachen ausgelegt. Als wir am Nachmittag eintreffen, sind diese gut belegt. Wir können unser Glück kaum fassen, noch eine etwas abseits ausgelegte freie Boje zu ergattern.

An der Boje, so sie denn ordentlich befestigt ist, liegt man ohne große Ankermanöver ziemlich entspannt, auch wenn der Wind mal dreht. Hier genießen wir das klare Wasser und freuen uns beim Schnorcheln über die vielen Fische, die in den Seegraswiesen leben oder unter dem Boot Schutz suchen. Tagsüber ist im Bojenfeld viel Betrieb, doch zu unserer größten Überraschung bleibt nicht ein einziges Boot über Nacht. So sind wir mitten in der Hochsaison allein und genießen die Mondfinsternis. Die nächste Etappe segeln wir nur mit der Fock,“ platt vorm Laken“ heißt das, denn der Wind kommt genau von achtern. Da unsere Fock einen eigenen Baum hat, steht sie gut vor dem Wind und fällt nicht ein wie unsere leichtere Genua. Man muss nur korrekt steuern, sonst gibt es eine Halse. Jetzt kommt der Bullenstander ins Spiel, hat nichts mit den Viechern auf der Weide zu tun, sondern ist ein Fachausdruck für die Fixierung des Segels, um ein ungewolltes Schlagen auf die andere Seite zu verhindern. Das kann schon böse in Auge gehen und richtig teuer werden. (siehe www.7jahre7meere.de/down-under; Blogbeitrag vom 27.4.2018) Der Bullenstander wird normalerweise beim Großsegel gesetzt, das geht jedoch auch mit Columbias Fockbaum. Also steht entspannten Segelstunden nichts im Wege, wären da nicht die zahlreichen Ü-Eier auf See, die Seekarte und der Revierführer haben nichts angekündigt – plötzlich tauchen etliche gelbe Bojen auf.

Solche haben wir schon häufig als Begrenzung von Fischfarmen gesehen, anscheinend wachsen die Zuchtanlagen schneller aus dem Meer als die Kartographen drucken können. Vermutlich stammt der meiste Fisch in den Auslagen der Supermärkte inzwischen aus diesen Anlagen. Der nächste Stopp in der Marina Salinas von Torreveija holt uns auf den Boden der Tatsachen zurück, hier gibt es alles, was sich ein erlebnishungriger Tourist so vorstellt. Parasailing, Speedbootfahren, Wasserski-Bahn, Kirmes und abends Disco, die gesamte Marina wird bis morgens um 4 beschallt. Als wir in den Hafen einfahren, sind die Festmacher an der Tankstelle leer, unsere Chance noch mal schnell voll zu tanken. Wenn sich da erst ein großes Motorboot festmacht, kann das Tanken schon mal eine Stunde dauern, bis man drankommt. Während der Skipper tankt, wird die Skipperin auf einen schwedischen Fischkutter aufmerksam, der etwas abseits an einem Steg festgemacht ist.

Im September 2017 hatten wir den schwedischen Fischer Benny A. mit seinem spanischen Kollegen in Roscoff getroffen und darüber berichtet (siehe unser Blogeintrag – Land und Leute vom 5.9.2017). Der spanische Fischer hatte das Boot von Benny auf Gotland gekauft und Benny war bei der Überführung nach Torreveija behilflich. Hier scheint irgendwas mächtig schief gelaufen zu sein, denn das Boot sieht stark vernachlässigt aus und wird nicht zum Fischen gebraucht, es sieht aus wie still- oder an die Kette gelegt. Wir haben Benny eine Mail mit Fotos geschickt aber noch keine Antwort erhalten. Das war für uns ein sehr trauriger Anblick, wenn so ein stolzer und seetüchtiger Fischkutter so vergammelt. Torreveija ist turbulent und laut, also Leinen los  – der nächste Ankerplatz bei Santa Pola erweist sich leider als ungeeignet, die zahlreichen Ausflugsboote machen Wellen – also noch mal Marina, zum Glück die reinste Ruheoase – doch Komfort hat seinen Preis, es ist Hochsaison.

Die kleine Stadt mit Fischereihafen wie auch die Marina werden tipptopp in Schuss gehalten – so nebenbei haben wir auf unserer Erkundungstour einen filmreifen Baumschnitt beobachtet, so werden also Palmen gestutzt. Echte Maloche bei glühenden Temperaturen in schwindelnder Höhe. 

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