Barcelona

Strammer Nordostwind aus dem Löwengolf ermöglicht uns einige Tage in Barcelona zu bleiben. Ursprünglich war es ja der Traum des Skippers hier die Winterpause zu verbringen, doch die nördliche Lage mit viel Regen und Kälte hat uns ja weiter in den Süden ziehen lassen. Wir freuen  uns darauf, die Stadt zu erkunden, die auf den ersten flüchtigen Blick ganz anders als Valencia ist. Schade, dass sie teilweise unerträglich voll und überlaufen ist, denn die Flugzeuge und Kreuzfahrtschiffe baggern täglich tausende erlebnishungriger Touristen ran, die überwiegend wie die Lemminge die empfohlenen Sehenswürdigkeiten ablaufen. Das ist nichts für uns und wir finden abseits der Touristenströme alternative Routen zum Herumstromern und Staunen.

Barcelona ist wunderschön und zeigt dank des berühmtesten Sohnes der Stadt, Antoni Gaudi wohltuend andere Architektur. Jede Straße hat üppige Straßenbäume, die einen lichten Schatten spenden. Wassermangel wie weiter im Süden Spaniens scheint hier kein Thema zu sein. Kleine Geschäfte, Boutiquen und etwas unheimliche Straßen laden zum Schlendern und Entdecken ein. In Valencia haben wir von den Bauwerken des Architekten Santiago Callatrava geschwärmt, hier warten Bauwerke eines anderen Visionärs, Genies und Freidenkers Antoni Gaudi (1852 – 1926) darauf entdeckt zu werden. Es ist überliefert, dass der Direktor der Universität zu Gaudi während der Abschlussfeierlichkeiten zum Ende des Architekturstudiums und Überreichung der Diplome gesagt haben soll: „Wer weiß, ob wir das Diplom einem Verrückten oder einem Genie gegeben haben – nur die Zeit wird es uns sagen.“ (siehe Wikipedia) Diese Frage ist mittlerweile mehr als deutlich beantwortet, er war schlicht ein Genie, das sich im und mit dem normalen täglichen Leben jedoch schwer tat. Wir durchforsten das Internet und können uns doch tatsächlich noch für Samstag 13.00 Uhr eine Besichtigung eines von ihm erbauten „Appartement“ Hauses dem Casa Batllo buchen und ergattern überraschenderweise  Karten für den Besuch der „Sagrada Familia“, sein berühmtestes Projekt.

Auf der Basis einer kleinen Kapelle aus dem 11. Jahrhundert hat Gaudi 1882 den Auftrag für dessen Umbau erhalten. Seit dem wird an einer der größten Kirchen der Welt gebaut, einer der acht Türme ist 115 m hoch, Gaudi hat 18 geplant. Ob die jemals fertig wird? Gaudis Bauwerke haben Elemente des Jugendstils, verspielt, bunt, der Natur nachempfunden, sie entziehen sich jedoch einer konkreten Baustil-Zuordnung.

Man mag sie oder nicht, dazwischen gibt es nichts, vor allem keine rechten Winkel und gerade Linien, jedes Fenster, jede Tür ist einzeln angefertigt und ein Unikat. Nichts ist praktisch, aber trotzdem funktional, eine Augenweide und seien es auch nur ganz profane T-Träger – neu interpretiert. Es existieren keine maßstäblichen Bauzeichnungen nur künstlerische Skizzen.

Die Statik-Berechnungen hat der Meister mit einer fast in Vergessenheit geratenen Technik erstellt: mit der sogenannten umgekehrten Kettenlinie. Gaudis Ideen aufgegriffen hat ein anderer Freidenker und Visionär: Friedensreich Hundertwasser, der ebenfalls zu Lebzeiten das Verbot von rechten Winkeln und geraden Linien forderte.

Nach unserer Gaudi-Tour durch Barcelona  mit dem Casa Batllo, Park Güell, Casa Mila und schließlich dem Highlight: der Sagrada Familia sind wir stark beeindruckt. Solche Bauwerke einmal von innen zu sehen und zu bestaunen, ist etwas ganz anderes als ein Foto zu betrachten. Wir sind hin und weg und werden, wenn das so weitergeht, noch zu Architekturfans.  Dem Kommentar eines Taxifahrers zufolge haben die Bürger der Stadt die Werke des verrückten Genies nicht zu schätzen gewusst. Nachdem in den 90er Jahren Japaner mit ihren Fotoapparaten wahre Begeisterungsstürme ausgelöst haben, ist der Strom der Touristen seitdem nicht mehr abgerissen. Vielmehr Menschen kann die Stadt wohl nicht mehr verkraften – dabei ist sie so schön.

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