Wir verlassen Ponza schweren Herzens, denn wir denken, dass es nun nicht noch schöner werden kann, doch da haben wir uns getäuscht. Ventotene ist am Horizont gut zu sehen, als wir die Segel setzen und gemütlich mit leichten Winden auf Kurs gehen. Wir machen erstmal im neuen Hafen fest, sind dort aber nicht zufrieden, da ständiger Fährverkehr mit Wendemanövern im Hafenbecken starken Schwell und Krach erzeugt.
Als wir den „Alten Hafen“ besichtigen, werden wir vom dortigen Hafenmeister als Segler erkannt und gefragt, ob wir uns nicht in „seinen“ Hafen verlegen wollen, da dieser leer und ruhiges Liegen garantiert sei. Wir können unser Glück kaum fassen.
Für unsere Seglerkollegen in Ostia war ein Besuch Ventotenes bei deren Urlaubsfahrten immer ein Höhepunkt, manchen war es jedoch noch nie gelungen, einen der wenigen Plätze im Porto Romano zu ergattern, zu lang waren die Wartelisten. Dieser Hafen ist vor ca. 2000 Jahren von den antiken Römern angelegt worden, viele Festmacher, Treppen und Hafenanlagen stammen noch aus dieser Zeit, sind überraschend gut erhalten und im Originalzustand, ein richtiges Freilichtmuseum. Die Zufahrt ist „tricky“, die Fahrrinne ca. 6m breit und nur in der Mitte bietet diese eine ausreichende Tiefe. Da bei unserer Ankunft an der Zufahrt Windstille herrscht, wagen wir es und liegen kurz darauf sicher wie in „Abrahams Schoß“.
Columbia in der Einfahrt Ventotene Porto Romano
Hier fest zu machen ist jedes Risiko wert, diese Insel scheint auf den ersten Blick weitestgehend von der Zeit vergessen worden zu sein, allerschönstes Italien. (Auf den zweiten Blick ist die moderne Technik gut versteckt, Satellitenschüsseln unsichtbar, überraschend gut ist die Internetverbindung). Man freut sich erkennbar über unseren Besuch. Der Restaurantbesitzer schleppt eine Gangway herbei, damit die Skipperin ohne Turnübungen das Schiff verlassen kann und reicht ihr beim ersten Verlassen „gentleman like“ seine Hand.
Stilleben Hafenmakramee
Unsere Flaggen an den Booten verwundern die Menschen, wo kommt ihr denn her, hier war doch alles im Lockdown? Jeder fasst mit an, die Marineros, soeben noch als Maurer mit Betonarbeiten beschäftigt, lassen diese kurz ruhen und vertäuen schnell unsere Boote sicher an den steinernen Pollern. Der Hafenmeister ist so gerührt über unser Kommen, dass er uns sofort ein Spezial-Liegegeld von 40 € einräumt. (Normaltarif vor Corona 175 €! pro Tag). Die Freude ist so offen und ehrlich, dass es uns schon fast verlegen macht. Der Fischer und ein lokaler Landwirt verkaufen ihren Fang und landwirtschaftliche Produkte direkt am Kai.
Direktverkauf vom Kutter Gesunde Leckereien, garantiert Bio
Die Skipperin kann dem Angebot an frischen und eingemachten Leckereien nicht widerstehen und kauft bei Vincenzo reichlich ein. Ein nettes Gespräch entwickelt sich, den Skipper interessiert dabei mehr der Verkaufswagen, eine Ape 50, der ganze Stolz des Bauern und gerade 3 Tage jung!
Passt soeben Eine tolle Büchse
Und schließlich wird Skippers Traum wahr, er darf einmal im Fahrerhaus, welches für 2 Personen zugelassen ist, Platz nehmen. Unvorstellbar, wo hier eine zweite Person sitzen soll, eigentlich ist auch nur Platz für einen halben Skipper und vermutlich ist die Ape nach dem Einstieg auch stramm überladen, aber schön ist’s trotzdem und der Bauer mächtig stolz auf sein neues Dreirad mit dem anachronistischen 2 Takt Motor. Schluss mit Vergnügen, an Bord wartet noch Arbeit auf uns.
Im windstillen Hafen können wir unser großes Vorsegel, die Genua abschlagen, in der die Skipperin mehrere kleine Risse entdeckt hatte, ein typischer UV Schaden. Unser Cockpit wird mit der guten alten Pfaff zu einer Segelmacherwerkstatt umfunktioniert und einige lange Nähte später ist der Schaden behoben. Das sollte bis Sizilien halten. Jetzt ist wieder Zeit für Sightseeing.
Kapernernte Im Hintergrund die ehemalige Gefängnisinsel
Der kleine Ort schmiegt sich an die Hafenrunde mit pittoresken Häusern in schmalen Gassen, kleinen Hotels, Restaurants, Boutiquen und kleinen Geschäften.
Dazwischen eröffnen sich traumhafte Panoramen über das Meer mit Sandstränden und blauen Ankerbuchten, in Sichtweite die Insel Santo Stefano, (eine aufgegebene, ehemalige Gefängnisinsel, Italiens Alcatraz), am Horizont Ischia, Procida, Capri und die Höhenzüge bei Neapel. Ventotene ist wie im Dornröschenschlaf, in der Hauptsaison vor Corona steppte hier der Bär.
Good written