Schauerböen – sonst gute Sicht

der Standardspruch vom Wetterfrosch DP07 für Nord- und Ostsee – und ab und zu ein richtig erfrischender Hagelschauer so wie damals, das sind die Sonnenfieberphantasien des Skippers. Wir haben die Binnenfahrt Kurs Nord in Angriff genommen in der Erwartung, dass es dort oben kühler sein müsste als z. B. auf Sizilien – hat noch nicht so geklappt. Seit wir in Port-Saint-Louis abgelegt haben, folgt eine Hitzewelle auf die nächste. Wir wollen nicht jammern, aber täglich 35 Grad und mehr im Schiff sind schon krass, selbst der Ventilator läuft heiß und unser Jungmatrose hat die neue Männermode kreiert – mit nassem Handtuch auf dem Kopf. Doch jetzt sind es wahrhaftig 4 Wochen her, seit wir mit ihm nach Hause gefahren sind. 5 Wochen lang hat er uns begleitet und sich wacker geschlagen. Hallo Hannes, war `ne geniale Zeit mit dir, die Columbia-Crew vermisst dich.

Zurück in Frankreich haben wir mit Ewa und Anders noch einen kleinen Ausflug in die Umgebung gemacht und einen der Kanäle angeschaut – alles schön grün – aber verflixt wenig Wasser!

Wir sind heilfroh, dass wir in Macon untergekommen sind, andere „Binnensegler“ haben echt Pech und sitzen irgendwo in der „Pampa“ fest. Sie haben versucht noch durch zu kommen, dann aber wurden die Kanäle gesperrt und nun liegen sie in der Einsamkeit. In der Not erkundigt sich der eine oder andere schon nach den Möglichkeiten eines Transportes über Land. Das Kranen ist dabei die größte Herausforderung, denn z.B. hier in Macon ist das Wasserniveau am Kai unter 70 cm!  Selbst wenn die Wassertiefe ausreichen würde um den Kai anzulaufen, könnte man uns hier nicht aus dem Wasser heben, da wir für den Hafenkran zu schwer sind. Der eigentlich nötige neue Unterwasseranstrich muss also warten. Zum Glück sind die Bewuchsverhältnisse im Süßwasser deutlich geringer als im Salzwasser und die nervigen Seepocken wachsen hier gar nicht. Dass wir im Wasser bleiben müssen, macht Columbias Metallrumpf nichts aus, unsere schwedischen Freunde würden ihr Schiff gerne für längere Zeit an Land stellen, damit der Kunststoffrumpf mal wieder durchtrocknet.

Versammlung der großen Fische bei uns im Hafenbecken

Am Liegeplatz haben wir noch genug Wasser unterm Kiel, darüber sind unsere Freunde von der Unisax besonders froh, denn die Hydraulikanlage des Schwenkkieles ist defekt und unglücklicherweise mit 2,20 m Tiefgang an der tiefsten Einstellung eingerastet. Die beiden arbeiten mit Hochdruck an der Lösung des Problems. Der Ausbau des Hydraulikzylinders ist Anders mit viel Geschick gelungen, jetzt wartet er auf die Reparatur bzw. auf Ersatz – viel Geduld ist gefragt – alle machen gerade Urlaub.

Inzwischen machen wir, was alle machen, wenig bewegen, Schatten suchen, Picknick im Park unter riesigen Platanen, der tägliche Einkauf im klimatisierten Supermarkt und schließlich ab und zu ein Eating Meeting nach Sonnenuntergang.

Auch unsere Fahrräder haben wir ausgepackt, Macon hat ein richtig gutes Radwegenetz. Zuletzt hatten wir in Valencia Spaß am Radfahren. Für alle Fahrradbegeisterten unter euch: entlang der Saône und Rhone sind die ehemaligen Treidelpfade zu Radwegen umfunktioniert: Voie verte (der grüne Weg) und der Voie blue sind touristisch voll erschlossen, mit Gepäcktransport zwischen den Etappen und Gourmetstopps ist alles möglich.

Fahrradkarte Bourgogne

Ein Höhepunkt der Woche ist unser samstäglicher Marktbesuch. Der Marktplatz grenzt an das Flussufer an und wird idealerweise von riesigen Platanen beschattet.

Die französischen Landwirte mit Obst- und Gemüse, Wurst- und Käsespezialisten und Winzer stehen in der Marktmitte wie in einer Wagenburg zusammen, dies scheint der ursprüngliche Markt zu sein. Doch Macon zeigt sich weltoffen und es haben sich Multikulti-Händler aus der ganzen Welt drumherum gruppiert.

Allen voran ergänzen Nordafrikaner das Sortiment und verleihen dem traditionellen Marktgeschehen ein exotisches Ambiente. Entsprechend schätzt auch die offensichtlich aus Afrika stammende Kundschaft das auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebot. Auf dem Markt geht es sehr lebhaft zu, Kleinkinder sausen zwischen den Erwachsenen herum.

Für die Kleinen

Marktschreier bieten lautstark ihre Waren an. Lange Schlangen bilden sich vor zuletzt drei Hähnchenbratereien. Bourg-en-Bresse, Macons Nachbarstadt, ist berühmt für die Haltung der Bressehühner, also gibt es hier neben den XXL Standardhormonhähnchen für 14€ auch die maisgefütterte Biohofversion für 18€ – ein halbes macht uns beide satt.

Der türkische Bäcker mit geschätzt 10 Mitarbeitern backt Fladenbrot und macht daraus vielerlei Spezialitäten im Akkord. Spanien ist mit einem Paellastand vertreten, Couscous serviert der Libanese von gegenüber. Daran schließt sich mit warmer Wok-Küche der Familienbetrieb aus Thailand an. Die französischen Überseegebiete sind mit einem Stand von den Antillen vertreten. Beim Halalmetzger wird frisches Lammfleisch verkauft. Schwein ist dann wieder beim französischen Stand im Angebot, einschließlich warmer Leckereien zu Mitnehmen wie Schweinebraten, Haxe, gefüllte Tomaten, Andouillette, die regionale Bratwurst mit Innereien, Pate de Champagne oder die Goumet-Version mit Gänseleber…

Überhaupt gibt es auf dem Markt nicht nur viel zu sehen und zu probieren sondern auch richtig was auf die Nase: die Bratereien, die türkische Backstube und allerlei fremdartige Gewürze verströmen einen appetitanregenden Geruch wie damals bei unserem Kasbah-Besuch in Tanger. Mit dem Handtäschchen braucht man hier nicht auflaufen, da sind große Rucksäcke gefragt. Spätestens jetzt braucht der Skipper ne Auszeit, Weizen vom Fass! an der Promenadenbar, während die Skipperin, die Non-Food-Stände abklappert, Fummelangebot sichtet und gefühlt den ersten Pullover nach 5 Jahren kauft, anprobieren bei 35 Grad fällt dabei aber aus.

Spezialangebot für Kenner

So sehr es uns auch in Macon gefällt, es ist und bleibt eine französische Kleinstadt. Verglichen mit Rom, Lissabon, Valencia oder Licata, wo wir frühere Winterpausen verbrachten, mit den tausenden von Möglichkeiten, Zielen, sehenswerten Museen oder archäologischen Stätten in der Nähe ist hier im Winter nix los. In dieser Beziehung sind wir echt verwöhnt. Die lange Winterzeit würde nicht nur öde und langweilig sondern auch kalt! T-Shirt-Wetter wird es hier nicht geben. Wir und auch die Schweden haben uns daher entschlossen, unsere Schiffe winterfest zu machen, im Oktober von Bord zu gehen und den Hafen bis zum nächsten Frühjahr zu verlassen. Was machen wir in der Zwischenzeit? Dazu später mehr! 

One Comment

Schreibe einen Kommentar zu Franz Feil Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.