Die Straße von Gibraltar

Unsere 2-tägige Etappe nach Gibraltar erfordert einige sorgfältige Vorbereitungen. Wir haben in Barbate einen Zwischenstopp eingeplant und übernachten in der Marina. Bei Sonnenaufgang starten wir in Rota mit achterlichem Wind und so können wir nur mit der Genua bis zum Zielhafen segeln, wie es schöner nicht sein kann. Die Wasserbewohner halten sich leider dezent im Hintergrund, nur mal eine kleine Flosse oder ein paar dunkle Schatten in der Welle sind zu sehen. Als Besonderheit des ersten Segeltages passieren wir das geschichtsträchtige Cap Trafalgar, an dem es in den Wirren der napoleonischen Kriege 1805 zur finalen Seeschlacht zwischen England, Frankreich und den mit Frankreich verbündeten Spaniern gekommen ist. Neben über 4000 Toten und Verwundeten auf beiden Seiten, fiel hier der englische Vizeadmiral und Oberbefehlshaber der britischen Flotte, der Nationalheld Englands, Lord Nelson. Glücklicherweise gehören diese kriegerischen Zeiten der Vergangenheit an. Wir sind stolz, wenn wir auf unserem weiteren Weg Cap Trafalgar friedlich runden. (Auch hier gibt bei Interesse WiKi oder dein Geschichtsbuch Auskunft). 

Am 2. Segeltag hat es richtig in sich, das Seengebiet, dass wir durchfahren ist gespickt mit Herausforderungen. So richtet sich die Uhrzeit für die Abfahrt nach La Linea (unserem spanischen Zielort in der Bucht von Gibraltar) diesmal nach dem Tidenkalender, heißt Auslaufen morgens mit dem Niedrigwasser um 8.30 Uhr. So machen wir uns spätestens ab Tarifa den Flutstrom zu Nutze, der in der Straße von Gibraltar bestimmten Bedingungen unterliegt ähnlich wie im englischen Kanal.

Nach dem Auslaufen in Barbate bremst uns auf dem ersten Teil der Reise ein nicht unerheblicher Gegenstrom von 2 Knoten. Ab Tarifa wird Columbia zum Rennpferd, mit durchschnittlich 8 Knoten pflügen wir bei strahlendem Sonnenschein durch die Engstelle zwischen den Kontinenten.

Die Straße von Gibraltar ist an der engsten Stelle nur 14 km breit und mit ca. 800 m recht tief. Unterwassergebirge und Riffe erheben sich an den Ufern von Spanien/Europa und Marokko/Afrika bis auf wenige Meter unter die Wasseroberfläche, kabbeliges Wasser und starke Ströme sind die Folge. Gut, dass wir gerade keinen Vollmond oder Neumond haben, der erhöht die Effekte noch einmal. Bei einer Wind gegen Strom Situation treten meterhohe, teils stehende Wellen (Overfalls) und Eddy’s (Stromwirbel) auf. Die Meerenge ist vielbefahren, der Verkehr wird durch ein Verkehrstrennungsgebiet geregelt und durch Verkehrszentralen, Behörden und Militär streng überwacht, da sich hier mit Spanien eine Außengrenze der EU befindet. Regelverstöße beim Befahren bleiben nicht unentdeckt und ziehen mindestens ein hohes Bußgeld nach sich. (Wir haben strengste Ermahnungen an Schiffsführer im Funkkanal mit an gehört.) An vielen Stellen sind in Ufernähe Thunfischnetze fest verankert, die bis zu 4 sm ins Meer reichen, so dass wir hier nächtens nicht herfahren wollten. Gewarnt wird vor hohen Kompassabweichungen durch die elektromagnetischen Felder diverser Unterwasserkabel, dazu pendeln zahlreiche Hochgeschwindigkeitsfähren zwischen Spanien, Gibraltar und Marokko. Also langweilig wird es dem Skipper und seiner Crew hier nicht. Interessant zu erwähnen ist die Tatsache, dass durch neue Wettersatelliten beim Vermessen der Erdoberfläche festgestellt wurde, dass das MM im Sommer 3m tiefer liegt als der Atlantik. Die Straße von Gibraltar bildet eine sprichwörtliche Stufe. Das deckt sich mit den Erfahrungsberichten vieler Segler die behaupten, dass es nicht einfach sei, das Mittelmeer zu verlassen, da eigentlich immer Gegenstrom herrscht. Die 3m Höhendifferenz bedeutet, dass im MM mehr Wasser verdunstet, als durch alle Flüsse und die Straße von Gibraltar nachströmen kann. Warum das verdunstende Wasser gefühlt im Sommer immer in Deutschland abregnet, wissen wir jedoch nicht.

Columbia zwischen den Kontinenten

Nach dem Einschwenken in die riesige Bucht sind wir beeindruckt von den großen Frachtschiffen, die hier scheinbar planlos vor Anker liegen. Das Mithören des Funkverkehrs macht jedoch klar, dass alle Manöver auf Anweisung der Verkehrsleitzentrale gefahren werden müssen. Die AIS-Signale der Schiffe zeigen uns auf dem Plotter zum Glück an, welcher von den dicken Pott ankert und welcher fährt. Nach einer halben Stunde haben wir den anspruchsvollen Hafenbereich sicher passiert.

Da die Grenze zwischen Spanien und Gibraltar direkt hinter unserem Hafen liegt, bleiben wir auf spanischem Gebiet, so ersparen wir uns zeitraubende Ein- und Ausreiseprozeduren, unnötige Gebühren mit Zollkontrollen pp., da Gibraltar nicht zum Schengenraum zählt. Gibraltar ist britisches Hoheitsgebiet mit eigener Flagge. Wir werden daher zu Fuß als Tagestouristen einreisen und die Sehenswürdigkeiten bewundern. Wer mehr über Gibraltar erfahren möchte, findet auch hier in WiKi zur Historie und zur aktuellen politischen Situation erschöpfende Informationen. Wir sind sehr gespannt auf unser neues Ziel und werden neben Gibraltar vermutlich auch für einige Tage mit der Fähre nach Marokko reisen, um die Stadt Tanger mit seinen Gassen, Märkten und Basaren zu erkunden. An unserem neuen Liegeplatz werden wir nach zwei schönen und spannenden Segeltagen mit einem unvergleichlichen Blick aus dem Cockpit auf den Felsen von Gibraltar belohnt. 

Blick aus dem Cockpit
Gibraltar bei Nacht

3 Comments

  1. Monika

    Uiiii, solch anspruchsvollen Segeltoern schaffen sicher nur Experten !
    Hochachtung und Glueckwunsch !…………und dann noch die tollen Fotos !
    Bin weiter sehr gespannt……Gruß Monika

  2. Renate&Andy

    Euer nächstes großes Ziel – Gibraltar – ist erreicht! Wunderbar! Und ihr habt uns auf den Törn dorthin weiter „mitsegeln“ lassen!! Es ist echt spannend, so mit euch unterwegs zu sein und durch die Fotos und Berichte in Erd- und Meereskunde „schlauer“ zu werden! Besonders der Bericht über die Straße von Gibraltar ist mit interessanten Details gespickt, die uns Landratten bisher verborgen waren.
    Und nun frohes Erkunden dieses Stückchens Erde mit seinem Sonderstatus bzw. auch viel Entdeckerfreude beim „Rüber-Fähren“ auf das Ufer des nun „vor Eurer Schiffstür“ liegenden afrikanischen Kontinents! Grüßle Renate&Andy

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